Tauern-Höhenweg, Prolog & Tag 1

3 Freunde, reloaded

3 Freunde, reloaded

Prolog

Der Flieger geht pünktlich, der Bus in Salzburg auch, der Zug ist zuverlässig wie die Österreichische Eisenbahn und die 3 Freunde kommen nach einem ersten gut 150-Höhenmeter-Anstieg schon mal zur Probe außer Atem und in ihrem Basecamp namens „Alpine Club“, einem mondänen 4-Sterne-Hotel, an.
Wer uns jetzt für versnobt hält irrt, denn die Übernachtung in diesem Etablissement liegt keineswegs bei den ausgeschriebenen 390,-, wir zahlen pro Nacht gerade mal 23,-.
Zwar ohne Frühstück, aber das werden wir wohl verschmerzen.

Lecker Abendbrot vor malerischer Kulisse.

Lecker Abendbrot vor malerischer Kulisse.

Bevor wir natürlich gleich in die Vollen langen verbringen wir einen ersten überaus gemütlichen Abend bei einem zünftigen 28-Euro-4-Gänge-Menü im benachbarten Hotel namens „Erzherzog Johann“.
Warum wir nicht im heimischen „Alpine Club“ dinieren hängt maßgeblich mit der dortigen Gastfreundlichkeit, oder besser: GastUNfreundlichkeit, zusammen, die uns unfreiwillig das erste echte Abenteuer beschert: wie gewohnt wollen wir die Wechsel-Sachen, die wir auf der Hin- und Rückreise tragen, im Hotel für die eine Wanderwoche deponieren. Im Normalfall ist das auch kein Problem, hier allerdings schon.

Die Sonne lacht: eincremen ist wichtig!

Die Sonne lacht: eincremen ist wichtig!

Die Begründung der stellvertretenden Hotelleiterin: kein Platz, kein Schutz vor Diebstahl, keine sonstige Haftung und hastenichtgesehen. Alle freundlichen und hilfesuchenden Lösungsvorschläge unsererseits (!!!) werden ziemlich bestimmt abgelehnt, die Dame WILL ganz offensichtlich nicht helfen.
Wie völlig absurd diese sehr willkürliche Entscheidung der Hoteldame ist zeigt ein eindrucksvolles Bild des komplett leeren und komplett abschließbaren Ski-Kellers:

...und das ist nur ein Teil des "Wir haben leider keinen Platz"-Kellers!

…und das ist nur ein Teil des „Wir haben leider keinen Platz“-Kellers!

Nach anfänglichem Frust unsererseits kümmert uns diese Absage allerdings wenig, in einer spontanen Nacht- und Nebelaktion schließen wir unsere Sachen am nächsten Morgen einfach klammheimlich im Keller ein, Markus schreibt noch einen kleinen Zettel mit dem Rückkehrdatum dazu, und unsere Reise in die Tauern-Region kann beginnen…





Like a Tourist: Seilbahn fah´n!

Like a Tourist: Seilbahn fah´n!

1. Tag, 14.06.

Hitzeschlacht und Kältezittern:

Von Schladming zur Ignaz-Mattis-Hütte

Um 10 Uhr geht´s frisch gestärkt zur Talstation der Hochwurzen-Bahn.
Selbige werden wir nutzen, um die ersten 800 Höhenmeter in einer vertretbaren Zeit zu bewältigen (auch wenn es eigentlich olles „cheaten“ ist…), denn ab dem Hochwurzen-Gipfel steht uns noch eine circa 6-stündige Wanderung zur ersten Übernachtungshütte bevor.

Der erste Gipfelsturm: Hochwurzen!

Der erste Gipfelsturm: Hochwurzen!

Der „Aufstieg“ zur Bahnstation ist ein erster Test in Sachen Wetter-Resistenz: in der Sonne sind ungefähr 30 Grad (oder 50, wer weiß das schon so genau…), und wir schwitzen uns bereits nach knapp einer halben Stunde Gehzeit den Frühstücks-Orangensaft aus dem hitzigen Leib.
Permanente lustige Wetter-Witze über die ungemein schöne Vorstellung vom winterlichen Klima versüßen den immerhin 280 Höhenmeter betragenden Aufstieg kaum, aber geben zumindest ein gutes Gefühl. Größter Wunsch: Abkühlung!!!
Nun, dieser Wunsch wird noch heute ausgesprochen nachhaltig in Erfüllung gehen. Ach, hätten wir doch nur die Klappe gehalten.

Letztes Bild im Sommer-Modus

Letztes Bild im Sommer-Modus

Die Seilbahn bringt uns imposant und sicher auf gute 1.800 Meter, ab jetzt heißt es: per pedes! Bis zum finalen Ziel in 6 Tagen wird ab sofort auf jedes technische Hilfsmittel zur Fortbewegung verzichtet. Freiwillig, natürlich.
Zunächst führt uns der Weg durch etwas kühlere Gefilde; ein wundervoll dichtes Waldstück bietet sowohl Schatten wie auch -dank der Höhenlage- moderate Abkühlung. Während wir so gemütlich vor uns hinwandern, mal auf, mal ab, wird es um uns herum allmählich und merklich dunkler.


Im Wald ist´s kühler...

Im Wald ist´s kühler…

Vom Himmel, hoch…

Kaum verlassen wir den Wald sehen wir auch schon die Ursache: fette Wolken am Horizont! Na, das sieht aber sehr nach Gewitter und Regen aus.
Und schneller als wir „Regenschutzhülle“ sagen können ergießt sich das kühlende Nass vom Himmel. Also: Regenjacke anziehen, besagte Hülle über den Rucksack fummeln und die Abkühlung genießen!

Die Freude hält leider nicht so lange an wie der Regen, der beschließt, uns weiter zu begleiten. Das wäre für sich genommen auch gar kein Problem, der stetig zunehmende Wind hingegen schon.

Das sieht -- düster aus!

Das sieht — düster aus!

Selbiger bringt nicht nur kräftige Luftbewegungen mit sich, die einen am Berggrat schwanken lassen, sondern dummerweise auch deutlich kühlere Temperaturen. Und deutlich heißt hier DEUTLICH!
Der Wanderweg wird zunehmend anspruchsvoller, wackelige Geröllfelder wechseln sich mit regenglatten Wurzeln und glitschigen Felsen ab. Na toll, gleich am ersten Tag das ganze Programm an Herausforderungen, denke ich so bei mir.

Das auch...

Das auch. Und eindrucksvoll…

An einer einigermaßen windgeschützten Stelle halten wir für einen kurzen Riegel-Snack an, allein die Kälte treibt uns schnell weiter.
Trotz ordentlicher körperlicher Betätigung beginne ich zu frieren (das will echt was heißen!), ein kurzes Funktions-Shirt unter meiner leichten Regenjacke (die leider nicht ganz dicht ist) scheint vielleicht doch etwas zu minimalistisch zu sein (später erfahren wir, dass zu diesem Zeitpunkt die Temperatur auf unter 8° abgesackt ist.)


Have a (very short) break...

Have a (very short) break…

Alle Wetter!

Regen & scharfer Wind intensivieren dieses starke Kälteempfinden deutlich. Ich bin dank unzuverlässiger Jacke inzwischen nass bis auf die Haut, und merke, wie ich am ganzen Leib anfange zu zittern. Bedingt dadurch geht mir meine Trittsicherheit etwas flöten, und aus Angst vor Fehltritten bitte ich die anderen beiden, mir kurz beim Anziehen einer weiteren Schutzhülle (=irgendeine Jacke) zu helfen.

Bei stürmischem Wind und eisigem Regen pule ich mit klammen Fingern und der Hilfe von Markus und Thomas irgendwie eine Jacke aus den Tiefen meines Rucksacks, das Anziehen selbiger bei diesen Bedingungen ist ein frostiges Abenteuer für sich. Mannomann, vor 4 Stunden haben wir uns die Seele aus dem Leib geschwitzt!

Geocaching-Spoiler! Hihihi...

Geocaching-Spoiler! Hihihi…

Naja, ein wenig wärmer wird mir jetzt schon, mein ganzes Hoffen und Bangen gilt jetzt nur noch dem baldigen Erreichen der wärmenden Hütte.
Hinter einer sturmböigen Hügelkuppe erblicken wir dann in der Tiefe das rettende Ziel: die Ignaz-Mattis-Hütte! Der Anblick motiviert uns derart, dass wir den Hügel geradezu hinabstürmen. Das Wetter gibt in diesen letzten 20 Minuten des heutigen Wandertages noch einmal alles: Sturmböen, peitschender Regen, Eiseskälte. Egal. Wir haben das Ziel gleich erreicht.


Wie man DA noch lachen kan...

Wie man DA noch lachen kann…

frostige Landschafts-Impressionen

frostige Landschafts-Impressionen. Fortsetzung folgt…

Dann ist es soweit. Völlig durchnässt und durchgefroren kommen wir bei der Hütte an. Nix wie rein!
Nix wie raus! (aus den nassen Klamotten), rein in etwas trockenes und heißen Tee trinken – das alles bildet eine Einheit.
Noch 3 Stunden später spüre ich eine Kälte in mir, die nur äußerst langsam weichen will.

Später gibt es ein ausgesprochen leckeres Abendbrot: ich gönne mir eine Forelle. Das besondere daran: sie wurde heute im Giglachsee, das ist der „Haussee“ direkt vor der Hütte, gefangen und ist somit noch ganz frisch.
In leckerem Knoblauch knusprig gebraten ist es ein verdienter Leckerbissen nach einem insbesondere klimatisch anstrengenden Tag.

Der tollste Hütteneingang EVER!

Der tollste Hütteneingang EVER!!!

Den Abend verbringen wir angeregt unterhaltend mit einem niederländischen Pärchen, welches ab hier ebenfalls einen Teil des Höhenweges laufen möchte, und der überaus gesprächigen aber ebenso freundlichen Hüttenwirtin namens Ulli.Und während unsere Sachen über dem Hüttenherd trocknen wird uns langsam richtig warm.

In der nachfolgenden Nacht schlafe ich sehr schlecht, trotz kuscheligem Schlafsack und einer nicht zu leugnenden Müdigkeit will der Schlaf nicht kommen. Mir ist noch immer irgendwie kalt, und so durchdöse ich die Nacht und genieße einfach nur den Umstand, im Trockenen zu sein…

Erkenntnis des Tages: Manche Wünsche gehen in Erfüllung. Leider… 😉

Top des Tages: Kein Wind!
Flop des Tages: Wind!!!

zurückgelegte Strecke: 14,5 Kilometer (natürlich ohne die 2,2 km im Cheat-Modus mit Seilbahn!) / 1.230 Meter aufwärts, 840 Meter abwärts (selbstverständlich ebenfalls Seilbahn-bereinigt)

Hier geht´s zu Tag 2! —–>

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