Tauern-Höhenweg, Tag 3

Waschküche: nass und fett vernebelt – wir sind mitten in den (Regen-)Wolken!

3. Tag, 16.06.

Im Freestyler-Modus!

Ein Tag auf der Keinprecht-Hütte

Die Welt verschwindet im Nichts...

Die Welt verschwindet im Nichts…

Der frühe Morgen bringt keine Änderung und deshalb eine Änderung.
Hä?!?
Nun, keine Änderung in Bezug auf´s Wetter. Die Umgebung ist aufgrund der Nebel- und Wolkensituation kaum bis gar nicht sichtbar, und ein stetiger Regen sorgt für das Gefühl, auf keinen Fall vor die Tür zu treten zu können / dürfen / wollen.
Deshalb die Änderung: wir beschließen kurzerhand, die ursprünglich für die Preintaler Hütte (das letzte unserer Wander-Domizile) geplante Doppel-Nächtigung hierher zu verlegen, da uns dieses Wetter als definitiv nicht wandertauglich für alpine Wege mit technischer Herausforderung geeignet scheint.

Nasse Natur: es grünt trotz Felsen grün!

Nasse Natur: es grünt trotz vieler Felsen ziemlich grün!

Die anderen vier, das Stuttgarter und das Niederländische Pärchen, sind da noch viel radikaler: sie brechen ihre Wandertour schlicht ab und beschließen, ins Tal, nach Schladming, abzusteigen.

Na, das kommt ja nun für uns überhaupt nicht in Frage! Denn selbst heute, unter diesen eher unschönen Wetterbedingungen beschließen wir, nicht den ganzen Tag in der Hütte zu faulenzen.

Also schnüren wir die Stiefelchen und hängen das Regenmäntelchen um, schließlich gibt es kein falsches Wetter, sondern nur falsche Kleidung (da fällt mir gerade ein: ich habe gar kein funktionierendes Regenmäntelchen…)!


Diese Weg-Markierung hat definitiv ein Witzbold platziert...

Diese Weg-Markierung hat definitiv ein Witzbold platziert…

Ziemlich abwegig…

Markus beschreitet eigene Pfade rund um die Hütte, Thomas und ich geraten nach einem kleinen Abstecher zum Haus-See in einen leichten Forscher-Modus, und wir erkunden die nähere Umgebung.
Ein wenig unter erschwerten Bedingungen wegen des doch regennassen Untergrundes bin ich glücklich, meine Wanderstöcke trotz des geplanten „Spazierganges“ mitgenommen zu haben.
Thomas hat seine in der Hütte gelassen, doch wie es der (verrückte) Zufall so will finden wir mitten zwischen mannshohen Felsbrocken am Haussee einen abgebrochenen Ast, der ab sofort dem Thomas treue Wanderdienste leistet und insbesondere beim noch kommenden Abenteuer ein wenig Halt bieten wird…

Wir treffen einen Alpin-Waldschrat!

Scheues Lebewesen: Ein Alpin-Waldschrat in seinem natürlichen Lebensraum.

Nach erfolgtem Abstieg über einen Wanderweg gelangen wir fast an die Stelle, an der wir am Vortag die Wirtschaftsstraße beschritten haben.
Hier befindet sich ein steiler Berghang, an dessen Anhöhe sich laut Thomas´ Wander-App ein Weg befinden soll.

Also beschließen wir kurzerhand den Hang zu erklettern, wird ja so hoch nicht sein. Tja, leider ein Irrtum.

So etwas passiert natürlich Großstädtern, die sich mit Einschätzungen von Höhen und Distanzen nicht so auskennen. Da werden äußerst reelle 100 Meter in der Höhe gern mal zu einem lächerlich erscheinenden Aufstieg von, sagen wir mal, 10 Metern. Ausgesprochen laaangen 10 Metern…

Der Hang des Schicksals. Sieht auf´m Bild völlig unspektakulär aus...

Der Hang des Schicksals. Sieht auf´m Bild völlig unspektakulär aus…

Und so kommt es, dass wir an einem ziemlich steilen Berghang, auf ziemlich rutschigen Steinen und Pflanzenbüscheln ziemlich anstrengende fast 200 Höhenmeter (!) auf einer Distanz von 500 Metern zurücklegen! Das ist eine Steigung von circa 38%.
Sehr rutschigen 38%.

Zumindest stört da der Regen von oben nicht mehr so sehr, da wir durch Grasbüschel und Sträucher untenrum pitschepatschenass werden.
Na prima.
Selbst die besten Gamaschen können da nix an Feuchtigkeit abhalten. (Ja, lach´ du nur, Markus… ;-))

Nach gut der Hälfte des Aufstieges und des proportional zur Aufstiegshöhe wachsenden Zweifels an der Existenz des Wanderweges sind wir allerdings bei einem Blick zurück sicher, auf gar keinen Fall wieder ´runter zu klettern. Egal, wie hoch wir diesen Hang noch zu ersteigen haben – der Weg MUSS da sein.
Egal wo.
Wenn wir nur fest genug daran glauben…

Das neueste aus der Wanderstock-Technologie-Schmiede: Thomas´ heutige Gehhilfe

Das Neueste aus der Wanderstock-Technologie-Forschung: Thomas´ heutige Gehhilfe

Letztlich geht unser Sehnen in Erfüllung, gottseidank.

Thomas ist der Erste, der den Weg wahrnimmt.
Unser Glück ist schier grenzenlos, und völlig außer Atem erreichen wir den eingezeichneten Weg. Das Glücksgefühl ist beinahe genauso intensiv wie am ersten Tag, als wir die rettende Hütte erblickten.
Dass der Weg kurz darauf zwei ziemlich steile Schneefelder kreuzt entlockt uns nur ein müdes Lächeln, da haben wir schon weeeeit schlimmeres erlebt. Der weitere Weg führt in hohem Bogen und in gut wanderbarem Zustand zurück zur Hütte.


Irgendein Voyeur knipst mich beim "Sachen-zum Trocknen-Aufhängen"...

Auf dem Bild hinter dem Typen, der da seine Sachen zum Trocknen aufhängt, könnt ihr die Geschichte der Keinprechthütte erforschen.

Nach Dreistundenfünfzehn sind wir wieder bei der Hütte und haben uns unseren Nachmittags-Snack redlich verdient. Markus ist schon da, er hat es nicht ganz so lange draußen ausgehalten.

Thomas und Markus verbringen den Rest des Nachmittags mit Mühle-spielen, nach dem Abendbrot bin ich bei ein paar Partien Mikado mit dabei, die übrige Zeit verbringe ich gemütlich in der Hüttenbank-Ecke lümmelnd und lesend.
Soviel habe ich die letzten 5 Jahre nicht gelesen, wie jetzt seit Beginn der Wanderung. Ich genieße diese zwanglose Ruhe sehr, pure Erholung für die Seele. und für den Körper. 🙂

Um kurz nach 10 gehe ich ins Bett und schlafe ein weiteres Mal sehr, sehr gut.


Hütten-Stilleben mit Mikado & 3 Freunden

Hütten-Stilleben mit Mikado & 3 Freunden

Erkenntnis des Tages: Thomas´ Wander-App hat immer Recht.

Top des Tages: Der Weg am Hang. Genauer: dessen Erreichen!
Flop des Tages: Naja, irgendwie doch das Wetter…

zurückgelegte Strecke: 7,3 Kilometer / 417 Meter aufwärts, (logischerweise auch wieder) 417 Meter abwärts 😉

Hier geht´s zu Tag 4! —–>

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