So ein Trainingsplan ist ein scheues Lebewesen. In der freien Wildbahn hat er zwei bekannte natürliche Fressfeinde: erstens den Gemeinen Schweinehund (oft auch „Innerer ~“ genannt) und zweitens die Schlichte Prioritätenänderung. Da, zum ausgesprochenen Glück des scheuen Trainingsplanes, in den seltensten Fällen beide Feinde gleichzeitig in Erscheinung treten ist die Gefährdung im Normalfall eher gering. Der Trainingsplan kann, bei Auftreten nur einer Bedrohung, dann mit ein paar einfachen und nahezu unbedeutenden Korrekturen friedlich weiterexistieren.
In dieser Woche gab sich die Schlichte Prioritätenänderung die Ehre. Und so trug es sich zu, dass am Mittwoch ein Kinobesuch und am Donnerstag der Kauf eines Anzuges für meine im April stattfindende Hochzeit kleinere Modifikationen am Ursprungsplan notwendig machten. Aber so ist das eben, Planung bedeutet letztendlich ja nur, den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen! 😉
Um es gleich vorweg zu nehmen: während der Hochzeitskleidungsbeschaffungstermin gemeinsam mit meinem Trauzeugen sich als ausgesprochen schöne und erfolgreiche Prioritätenänderung erwies war der Kinobesuch, der eine Vorpremiere von „Monuments Men“ bereithielt, die schlimmste Verschwendung von zwei Stunden Lebenszeit der letzten 6 Monate. Dass ich dafür ein Lauftraining sausen gelassen habe– ich kann es immer noch nicht fassen. Obwohl: sausen gelassen ist der falsche Terminus, denn ich habe es ja ledigleich verschoben. Dementsprechend sah die umorganisierte Woche in der Übersicht so aus (Ursprungsplanung: hier):
Montag ist Schontag. Ruhige acht Kilometer markieren den Wochenbeginn, und nach zwei Gammeltagen aus dem letzten Wochenende ist die Laufvorfreude entsprechend groß! Leider verhält sich die Vorfreude umgekehrt proportional zum heutigen Laufgenuss, so dass sich diese Einheit still und leise als Un-Einheit im Trainingstagebuch verewigt: unspektakulär, und leider auch irgendwie unbefriedigend. Darf es auch mal geben.
Aufgrund der aktuellen Prioritätensituation ist der Dienstag der neue Mittwoch. Es ist wieder Zeit für einen GA2-Lauf, will heißen: moderat anstrengend, aber nicht zuuu sehr. Wie so oft bei dieser Trainingsvariante absolviere ich die Einheit mit Laufpartnerin Michi, nicht ohne sie vorher gewarnt zu haben, dass ich heute WIRKLICH keine Rücksicht nehme, nicht so wie beim letzten Mal. Michi ist trotzdem mit dabei. Zumindest bis Kilometer 8, immerhin. Dann kürzt sie ab, und ich nutze die letzten beiden Kilometer dafür, noch ein bis zwei Tempo-Schnipselchen oben drauf zu packen. Ich bin trotz einem Kilometer mehr Strecke vor ihr da! Mensch Michi, du willst doch auch den Halbmarathon laufen, oder?!? Na dann – ran ans Training!
Okay, eine Stärke finden wir dann doch bei ihr. Als abschließende Gemeinheit für die erschöpften Knochen und als Krafttraining absolvieren wir einen Treppensprint über vier Etagen. Zweimal. Zweimal ist Michi vier Stufen vor mir am Ziel. Wie macht sie das?!? Na warte…
Freitag steht der (bislang) längste Lauf dieses 10-Wochen-Trainingsplanes in selbigem, es gilt achtzehn Kilometer in gemütlichem Tempo (Beck´scher Fachbegriff: L-DL im GA1-Bereich) zurückzulegen. Ich gehe ihn vor dem Frühstück an, in der guten Hoffnung, dass mich die vorhandenen Energie-(=Kohlehydrat-)Reserven sicher über die Distanz bringen. Begleitet von einem Vorfrühlingsregen und ziemlich viel Matsch an den Füßen ziehe ich meine Bahn durch Wälder, Felder und Straßen meiner Heimatstadt. Es ist ein wirklich schöner Lauf, und die zwei Stunden fühlen sich gut ausgefüllt an. Meine Energiereserven lassen am Ende sogar die Trainingsplanergänzung „5 x 100 Meter Steigerungsläufe“ zu, so dass ich nach gut 19 Kilometern angenehm erschöpft und ein wenig hungrig die heimatlichen Gefilde erreiche.
Damit die Geschwindigkeit nicht zu kurz kommt rundet ein sonntägliches Intervall-Training die Woche ab. Und um ein gerüttelt Maß an Herausforderung zu wahren dürfen´s diese Woche auch mal 3 Kilometer mehr sein. Eine schöne 1-2-3-2-1-Pyramide ist die Folge, und nach einer kleinen Einlaufübung mit Trippelschritt-Lauf-ABC gehts auf den ersten schnellen Kilometer! Eine saubere vierdreißiger Pace auf den Kilometer stellen mich durchaus zufrieden.
Das weitere Intervalltraining läuft (Hihi, Kalauer der Woche) absolut planmäßig. Naja, eigentlich sogar schneller als planmäßig, denn tatsächlich laufe ich die zweite Pyramidenhälfte sogar etwas zackiger als die erste. Das ist zwar eine gottverdammte Plackerei, wenn man bedenkt, dass das Tempo nach der 3-Kilometer-Einheit ja für das folgende 2-km- und das finale 1-km-Element noch mal angezogen werden dürfen (dürfen! Muhaha!!!), aber ich liebe diese Herausforderung.
Und so gelingt mir ein fettes Tempoplus auf dem letzten Kilometer. Schon erstaunlich, was ein konsequentes Training so alles mit dem Körper anstellt. Und mit dem Geist…
Private Prioritäten pulverisieren Planung! oder: Woche 5, oder: Halbzeit! :-)
Tagged Intervalle, Trainingsplan.Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.