Urlaub!
Und, was macht man so im Urlaub? Genau, auf der Couch sitzen und Hartz4-TV glotzen natürlich herausfinden, wo genau die körperlichen Leistungsgrenzen so liegen! Klingt masochistisch, ist es in gewisser Hinsicht auch. Aber, irgendwie macht es auch Spaß!
Nun, zu jedem Halbmarathon-Trainingsplan, der etwas auf sich hält, gehört eine anständige Leistungsdiagnostik. Okay, das ist nun allerdings Blödsinn. Bitte nicht alles glauben, was der Onkel so schreibt! Man braucht definitiv keine Leistungsdiagnostik, um Freizeitsport zu betreiben. Dennoch bietet sie einem die Chance, und sei es nur aus Freude an Statistiken, die eigene Leistungsfähigkeit mal technisch zu betrachten und darüber hinaus ist es eine echt sinnvolle und praktische Möglichkeit, gezielter seine Leistung zu entwickeln.
Versteht sich von selbst, dass einem ein echter (medizinisch ausgebildeter) Laufprofi zur Seite steht, der nach erfolgtem Martyrium mit dem Probanden in die persönliche und professionell-detailierte Auswertung geht. Ich persönlich erachte es als sinnvoll, interessant, und als spannende Bestätigung (oder eben auch nicht) der körperlichen „Leistungssteigerungssymptome“. Vor einem Jahr habe ich das schon mal gemacht, ziemlich exakt zum gleichen Zeitpunkt, wollen wir doch mal sehen, wie sich mein durchwachsenes Sportjahr so auf meine Kondition ausgewirkt hat!
Der Termin steht: Montag, den 04.02.2013. Und das ist der Laden: SMS Sportmedizin Berlin.
In diesem Jahr gönnte ich mir als lohnenswertes Extra gleich noch etwas, das sich „Komplexe Laufanalyse“ nennt, primär um festzustellen, ob ich noch ganz gerade laufe. Dazu biegt ein Sportphysiologe ordentlich an mir herum, lässt mich über Matten laufen (Fußauftritts-Muster) und fußnackig auf einem Laufband joggen (Bewegungsanalyse).
Und- was kam dabei heraus? Nix! Und das ist wirklich gut, denn gerade wenn man keine 18 mehr ist und einen Rückenschaden weg hat ist es meines Erachtens nach nicht nur sinnvoll, als Sportler einen Bewegungscheck zu machen, sondern auch selbsverantwortlich und hilfreich in Bezug auf mögliche Fehlhaltungen/-bewegungen! Tja, hier kommt mir ganz klar meine seit Mitte 2012 trainierte Mittel-/Vorfußlauftechnik zugute, die nicht nur für sehr gleichmäßige Bewegungs- und Kraftabdruck-Muster sorgt sondern auch die Aufprallphase rein muskulär abfedert! Das geht zwar (anfangs) etwas in die Wade und erfordert Konzentration, aber mit fortschreitendem Training gibt sich das. Zur Belohnung hat man aber weniger „Rücken“, „Knie“ und sonstige anatomische Gebrechen, wenn man dem Laufsport intensiv frönt! Allet schnieke also, dann kanns ja jetzt direkt in eigentliche Folterkammer gehen.
Auf zur Leistungsdiagnostik ! Dort erwartet mich Herr Jaworski, mein Folterkamerad aus dem letzten Jahr, mit freudigem Lächeln und bereit für eine fröhliche halbe Stunde! Jeweils 4-Minuten-Einheiten in einer fixen Geschwindigkeit erwarten den geneigten Probanden, nur kurz (max.30 sec.) unterbrochen zum Ohrläppchenpieken (Blutabnahme zur Laktat-Ermittlung) und zur Borg-Analyse.
Also, nicht die „Widerstand ist zwecklos“-Borg, sondern hier geht´s um diese Borg-Skala, welche das Körpergefühl bei sportlicher Belastung wiedergibt. Meine Aufgabe also ist es, in der „Pause“ (lächerlich!) immer eine Zahl zu sagen. Oder eine Zahl zu zeigen, wenn mir am Ende die Luft wegbleibt… Es beginnt mit dem Anschnallen, damit man bei spontanem Beinversagen nicht einfach raketenartig horizontal das Laufband verlässt.
Es folgt der Pulsgurt und die Maske, die der Atemluftanalyse in Hinblick auf Sauerstoff- und Kohlendioxyd-Anteile dient. Selbige nervt natürlich etwas beim Laufen, da die Atmung sich so eher ungewohnt und beschränkt anfühlt. Wer schöne Werte will muss leiden. Fertig eingepackt rollt die Kiste nun an…
Los gehts, langsames Einlaufen vor dem Start, und dann beginnt der Spaß. Zunächst mit gemütlichen 8 km/h (7:30-er Pace). Ich merk´ nix, ist ein Spaziergang. Dann kommt Stufe 2 (9 km/h – 6:40-er Pace), und so weiter… Bis Stufe 4 (11 km/h – 5:27-er) ist alles seeehr entspannt, danach beginnt das eigentliche Abenteuer. Km/h für km/h wächst die Anstrengung, und nach Stufe 6 (13 km/h – 4:37-er Pace) wirds langsam unangenehm. Die letzte Stufe ist für mich die 7 (14 km/h – 4:17-er Pace).
Ich gebe wirklich aaalllleeees, doch nach diesen 4 Minuten, die sich wie 40 abfühlten, geht nix mehr. Borg 20. Keine Luft mehr da, Kreislauf im Arsch. Entschuldigt die derbe Wortwahl, aber Kopf ist blutleer. Ist alles in den Beinen. Die Beine könnten ja vielleicht rein muskulär noch, aber der Energiebereitsteller quittiert leider den Dienst….
3 Minuten langsames Auslaufen sind Balsam für Seele und besonders Körper, Kollege Jaworski ist mit meinem Kampfgeist sehr zufrieden und merkt schon mal locker an, dass ich ein Jahr vorher bereits bei Stufe 6 (13 km/h) nach 2:45 Minuten die Segel gestrichen habe. Der erste Fortschritt! Alles weitere in 20 Minuten, nach anständiger Ausruh- und Duschzeit. Ich schwitze wie ein echtes Kampftier. Und ich fühle mich auch so….
Als kleiner Bonus hier noch ein bewegender bewegter Eindruck aus „Stufe 2“, kommentiert vom Drillseargeant. Hach, wie ging´s mir da noch super:
Here we go: die Ergebnisse:
Oben seht ihr die einzelnen Stufen mit Geschwindigkeiten. Quasi die Grunddaten des Stufentests.
Und hier kommen die Kurvenvergleiche: die oberen beiden stellen die Herzfrequenz dar, unten die Laktat-Kurven. Jeweils 2012 vs. 2013. Und jetzt sind auch die Fortschritte deutlichst erkennbar. Bei gleicher Geschwindigkeit (X-Achse) 10 Herzschläge weniger! Quasi tiefenentspannter Sport. Außerdem endet die 2012-er HF-Kurve natürlich eher, war ja auch früher Schluss mit schnell. Voran geht´s auch bei der Laktatkurve: deutlich geringerer und vor allem flacherer Anstieg. Der Beweis für konditionellen Fortschritt auch in oberen Tempo-Bereichen. Ein wirklich schönes Ergebnis!
Und daraus leiten sich die folgenden Schwellenwerte und, natürlich, Trainingszonen ab:
Last but not least: links seht ihr ein paar grafische Extravaganzen. Dies sind die Ergebnisse der Atemanalyse, mit genauen Auswertungen der O2 und CO2-Werte. Wer mehr wissen möchte, darf gern nachfragen, ist spannender als es auf den ersten Blick aussieht…
Abschließend lässt sich feststellen, dass ich einen ordentlichen Schluck aus der Konditionspulle genommen habe! Trainingskonsequenz, so gesundheitlich möglich, zahlt sich eben aus. Klar, im nächsten Jahr wird es keinen so deutliche Fortschritt geben, sondern eher eine Konsolidierung der Leistung — aber ganz ehrlich: ich persönlich bin damit seeeehr zufrieden, denn ich mache meinen Laufsport eher zum Spaß, eher als Hobby, und nicht als Leistungssport! Fordern: ja, Ziele setzen: auf jeden Fall! —
Aber dabei vor allem GENIEßEN !!!
Ich weiss nicht wer Du bist – aber ich sag nur eins: RAUS aus dem Körper meines Bruders!!! 😉