Woche 03 (v.14): Potz-Tausend! oder Drei erfolgreiche Wege zur Selbstverstümmelung

Bevor ich euch gleich mitteilen werde, warum ich meinen Apfel neuerdings so esse:

12-07_Apfelhabe ich eine große Bitte.

Liebe Leserinnen und Leser, sollte ich jemals wieder auf die Idee kommen, zwischen September und Oktober einen Marathon oder ähnlich gearteten Wettkampf laufen zu wollen – bitte hindert mich daran!
Der Wettkampf an sich ist ja absolut nicht das Problem, aber die klimatisch schikanöse Dreimonats-Vorbereitung — die geht ja mal gar nicht. An alle Sommerfans: ja, ist schon eine schöne Jahreszeit und so, könnt ihr gern haben, aber ohne mich. Ich möchte meinen geliebten Trainingsherbst, -winter oder -frühling wiederhaben. Das da draußen ist so gar nicht meins. Ich schwitze mehr als ich trinken kann und mein armes fleißiges Läuferherzchen pumpt deutlich hektischer den Sauerstoff zu den gierigen Muskeln.

Okay, ein Gutes hat das Wetter: ich kann alle blödsinnigen Aktionen meinerseits auf die Hitze im Schädel schieben. Und – schwupps!- schon wären wir bei dem oben gezeigten Bild. Tja, wie erzähle ich es am besten. Vielleicht einfach der Reihe nach…

12-07_Trinkrucksack

Rucksack: hui, Farbe: pfui! (gab´s leider nur so)

Vor ein paar Tagen habe ich mir einen mehr funktionell als schönen Laufrucksack der Firma „Raidlight“ (Waterpack Extreme Light) bestellt, ich möchte einfach mal testen, ob es sich mit so einem Utensil besser läuft als mit einem Trinkgürtel. Dazu später mehr.

Vor der Erstbenutzung steht natürlich die Reinigung der mitgelieferten Trinkblase nebst Schlauch. Dieser interessanten und für mich verhängnisvollen Tätigkeit widme ich mich am am Montag-Morgen. Um den Schlauch vernünftig reinigen zu können ist es sinnvoller, die End-Stücke aus selbigem zu ziehen, um das Innere vernünftig zu erreichen.
Also: Endstück (nicht das Trinkventil!) zwischen die Zähne, kräftig gezogen – soll ja schließlich aus dem Schlauch raus, und– KNACK! Ein Schneidezahn der unteren Kauleiste gibt nach. Deutlich. Aua. Und es blutet. Verdammte Sch…! Noch mehr Aua. Tja, selber Schuld. Liegt bestimmt an der verdammten Hitze, dass ma solchen Blödsinn macht. Ganz bestimmt. Da wird jetzt wohl ein schneller Zahnarztbesuch fällig.
Diagnose nach Kiefer-Röntgen: Fraktur des unteren Wurzelbereiches. Mit abgerissenem Nerv. Der Zahn muss wahrscheinlich raus. Schnieke!

12-07_Schlauchventil

Und, liebe Kinder, die Moral von der Geschicht? Schlauchendstücke entfernt man mit den Zähnen nicht!

Nach ordentlicher Betäubung schient (das heißt wirklich so!) der freundliche Dentist mir meinen wie einen Lämmerschwanz wackelnden Schneidezahn, da ich sonst nix essen kann. Die „Schiene“ sieht man erstaunlicherweise gar nicht, aber sie hält super! 3 Stunden später kann ich sogar gaaanz vorsichtig etwas essen.
Nur zubeißen geht vorläufig nicht, deshalb esse ich meinen Apfel — siehe oben! Dennoch ist Ernährung wieder möglich, und das ist auch gut so, denn heute abend steht ein Läufchen auf dem Trainings-Plan, um hier mal wieder auf das Wesentliche dieses Tagebuches zurückzukommen.

Abends ist alles soweit wieder gut, und während es viele Menschen gibt, die vermutlich froh sind, wenn sie nicht laufen brauchen ist es bei mir exakt andersherum.
Und so starte ich um Viertel nach neun gemeinsam mit Markus in den atmosphärischen Berliner Sonnenuntergang, wir queren den Gendarmen-Markt, auf dem gerade ein Classic-OpenAir-Konzert die Abendluft mit wunderbarer Musik füllt, der Weg führt weiter über die heute (fast) menschenleere Fanmeile zur Fußball-WM am Brandenburger Tor, durch den grünen Tiergarten, vorbei an der malerischen Museumsinsel und auf einer immer wieder mit stimmungsvollen Straßen- und Spreeufer-Café´s gespickten tollen Laufstrecke.

Es kommt mir vor, als wären es gerade mal 5 Kilometer, an diesem schönen und lauen Sommerabend, als wir unser Ziel 12 Kilometer später erreichen. Fast bin ich geneigt, meine Ressentiments gegen den Sommer zu widerrufen, aber ein enspannter Lauf-Abend macht noch keinen Herbst!
Tja, lieber Markus, da dies für laaange Zeit mein letzter gemütlicher Mittelstreckenlauf war werden wir beide wohl erst wieder in einigen Wochen ein wenig Laufzeit miteinander teilen. Schön war´s, echt schön!

Der Dienstag gehört wie immer (okay, meistens) meiner Körperertüchtigung mittels verschiedenster Gerätschaften im Eisenbiege-Tempel, wohingegen der Mittwoch mit einem schönen Pyramidentraining (1km-2km-3km-2km-1km mit jeweils 3 Minuten Trabpause) meiner harrt.

Ich starte mit einem sanften Einlauf und der verblüffenden Erkenntnis, dass es sogar bei 20 Grad Nebel geben kann. Kurz vor Laufbeginn hat es ordentlich gewittert und damit einhergehend eimerweise Wasser vom Himmel geregnet. Da es vor dem Gewitter mit 28 Grad ziemlich heiß war und außerdem die Sonne den Boden ordentlich beheizt hat sehe ich also die direkten Folgen: das Wasser verdunstet von der Straße. Und zwar in Form von regelrechtem Dampf!
Das sieht zwar imposant aus, bedeutet aber gleichzeitig eine unglaubliche Waschküche. So ungefähr stelle ich mir echtes Tropenfeeling vor. Und so ist mir nach den 10 Einlaufminuten nicht nur gut warm sondern ich schwitze auch ordentlich! Eigentlich fühlt es sich eher wie schmelzen an. Und jetzt noch Tempoläufe, na klasse! Ich beiße die (intakten) Zähne zusammen und verspreche mir, innezuhalten, falls mein Körper streikt. Mein Zieltempo heute: 4:30, 4:40 und 4:50 min/km je „Element“.

Kilometer 1 läuft sich ganz okay, die folgenden 2 Kilometer sind da schon etwas fordernder. Im Mittelteil, der 3-Kilometer-Einheit, geht mir dann ein wenig die Luft aus und ich fürchte mich schon vor den letzten beiden Einheiten. Mit Ach und Krach ziehe ich das 3-er Teil durch, sogar in etwas schnellerem Tempo als gedacht: statt 4:50 stehen 4:40 auf der Uhr. Sieh an, deshalb war das so anstrengend!
Das nächste 2-Kilometer-Element läuft sich relativ akzeptabel, und dann kommt der letzte Tempo-Kilometer. Es wird ein purer „Flow“-Kilometer. Ich starte und laufe unglaublich ruhig ein richtig schnelles Tempo. Es fühlt sich echt geil an, tatsächlich so, als würde ich dahinfließen! Die Pace von 4:25 min/km kommt mir gar nicht so schnell vor, wie sie eigentlich ist.
Lohn für diese Einheit: schönes Training, flottes Tempo! Und das trotz 126% Luftfeuchtigkeit… 😉

Am Donnerstag stelle ich fest, dass es im Fitnesstudio genauso schwül ist wie draußen. Trotzdem ziehe ich 20 Minuten Bauchexpress und eine gute Stunde Studio-Fahrrad durch, brav meinem Gott, dem Trainingsplan, folgend.

Dies tue ich auch am Freitagnachmittag. Keine so gute Entscheidung, wie sich später herausstellt. Der Lauf beginnt an sich ganz fluffig, 25 ruhige Kilometer gilt es zu bewältigen. Mit Hörbuch auf dem Ohr und dem brandneuen Laufrucksack auf dem Rücken geht´s also los.

Gurtgerubbel

Diagnose: „gemeines Gurtrubbel-Syndrom“

Erstes unangenehmes Gefühl nach knapp 2 Kilometern: der Rucksack-Träger scheuert leicht an der Halsaußenseite. Das tut er auch die nächsten 23 Kilometer. Grundsätzlich trägt sich das Teil sehr unauffällig, wohl mit das beste, was man über einen Trinkrucksack sagen kann.
Außerdem trinkt es sich deutlich leichter und angenehmer als aus den Trinkgürtel-Flaschen (abgesehen vom Plastik-Geschmack des Wassers), und selbst das Schwitzen unter dem Rucksack hält sich in Grenzen. Kann aber auch sein, dass ich das nur nicht bemerke, weil mein ganzer Körper das Wasser was ich trinke sofort über die Haut abgibt.

Es sind 27 Grad. Es ist schwül. Sehr schwül.
Unglaublich: sobald die Sonne durch die Wolken bricht steigt die gefühlte Temperatur nochmals deutlich an. Sommer nervt! Mindestens beim Laufen.
Meine Beine werden immer schwerer, ich habe das Gefühl, ich kann nicht mehr. Bei Kilometer 20 würde ich gern aufhören. Ist nur der Kopf, sage ich mir und ziehe mit viiiel mentaler Kraft und noch mehr Willensstärke die gesamten 25 Kilometer durch. Wirklich nicht schön, dieser Lauf.

Was sagt mein Pulsmesser? Hundertdreiundfünfzigschlägeprominute??? Das sind über 10 Schläge mehr als sonst!!! Krass. Dabei sollte der Lauf doch mit ca. 140 Schlägen absolviert werden. Damit habe ich nicht gerechnet. Setzt mir das Wetter also doch mehr zu als gedacht.
Und das ist, dummerweise, noch nicht das ganze Elend des Tages: zu Hause angekommen, geduscht, ein kühles (nicht kaltes!) alkoholfreies Bier genossen – 10 Minuten später wird mir schlecht.
Richtig krass übel.
Die exakte Beschreibung der folgenden Toilettenschüssel-Anbetung erspare ich euch natürlich, nur soviel: das Bier hat sich wohl nicht mit meinem Magen vertragen.

Die nächsten 4 Stunden liege ich völlig erschlagen auf der Couch, kann nichts essen und fühle mich wie das alkfreie Bier: ausgek….
Dazu kommt noch diese schwüle Wärme – nun, vielleicht versteht ihr jetzt meine Abneigung gegen den Sommer. Im Herbst wäre das nicht passiert! Vermutlich, zumindest…

Am Samstag fühle ich mich, trotz einer hervorragend durchgeschlafenen Nacht, ein bißchen wie Schubladendreck. Ein wenig weiche Knie, leichtes Wattegefühl im Kopf. Aber, und das ist eine wirklich gute Nachricht, ich kann wieder vernünftig essen. Und so versuche ich den gestrigen massiven Kalorienverlust wieder zu kompensieren.
Außerdem bin ich ziemlich froh, dass im Trainingsplan heute ein echter sport-freier Tag steht. Ich werde ihn auf jeden Fall einhalten.

Ebenso wie ich auf jeden Fall die Sonntags-Trainingseinheit ein wenig modifiziere: statt 12 Kilometer im zügigen GA2-Tempo (ca. 5:15 min/km) zu absolvieren entscheide ich mich dafür, die Distanz eher etwas ruhiger anzugehen. Ganz fit fühle ich mich immer noch nicht, aber ein gemütliches Läufchen ist schon drin.
Aus diesem Grunde lasse ich es mit einem 6:10-er Tempo angenehm langsam laufen. Es läuft sich super, vielleicht auch deshalb, weil heute bei eher angenehmen 20° und ein paar kühlenden Regentropfen das allgemeine Lauf-Feeling ein Lächeln in mein Gesicht zaubern. Und weil´s so schön ist probiere ich mal ein paar neue Wege aus, auch wenn diese mich dreimal zum Umkehren zwingen. Ist mir heute alles schnuppe. Es macht Spaß.

Nach dem Freitags-Disaster ein schöner, ruhiger Lauf, der seinen Zweck erfüllt: Kilometerfressen für den Marathon und gleichzeitig nett zu meinem Körper sein. Dazu bleibt die Herzfrequenz in geruhsamen Unter-140-Regionen, so läuft´s!

Wie sieht´s nun mit der Wochenbilanz aus?

Drei erfolgreiche Selbstverstümmelungen (Zahn, Hals, Magen) wären ja eigentlich Anlass genug, die Woche als „Fail“ abzuhaken. Wäre aber nur die halbe Wahrheit, denn in Wirklichkeit gibt´s auch eine Menge Anlass zur Freude.
Auch wenn mein zuweilen wirres Schreiberlings-Hirn seltsame Überschriften auswirft, einen inhaltlichen Bezug gibt es immer, denn am Freitag habe ich die Tausend-LaufKilometer-Schallgrenze in diesem Jahr durchbrochen. Diese Distanz habe ich im letzten Jahr erst irgendwann im Oktober erreicht. Da füllt sich des Läufers Brust mit Stolz und Zufriedenheit!

12-07_TP

Soweit der Plan…

Und auch der Soll-Ist-Abgleich stellt sich überaus positiv dar. Abgesehen von einer gewissen latenten Schlappheit irgendwo tief in mir sieht das doch alles ganz gut aus! Okay, den Sonntag bin ich etwas ruhiger angegangen, was soll´s, aber der neue Wochenkilometer-Rekord steht! 🙂
Alles in allem: eine erfolgreiche Trainingswoche:

M-Training_W-03

…und das die Erfüllung

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