Woche 02 (v.14): Zusammen läuft man weniger allein

Was für eine Woche! Fünf Tage Lauftraining, eine echte Premiere an Trainingshäufigkeit! Das merke ich am heutigen Sonntag aber auch, ich bin ganz schön knülle. Kann natürlich auch am Wetter liegen.

Ja, so schnell können also schlimmste Befürchtungen Realität werden: im letzten Beitrag im letzten Satz noch als Gedanken geäußert – schon wird´s grausame Realität: da isser wieder, der Sommer, in voller Pracht und mit wundervollen 30 Grad! Jetzt wird Laufen für Menschen wie mich, die bekennende Hitzefeinde sind, zur echten Herausforderung, und dies ausgerechnet genau zum (Test-)Wettkampftag am Freitag. Aber der Reihe nach…

Ja, Freud und Leid liegen in der zweiten Marathon-Trainingswoche ausgesprochen dicht beieinander. Und dabei fing die Woche doch so gut an.
Am Montag stehen gemütliche 12 Kilometer im Plan, das klingt absolut machbar. Ich bin ja im Trainingsleben doch eher der bekennende Solo-Läufer, da ich auf diese Weise meine eigene Trainingspace besser laufen kann und mich auch mehr auf mein Training konzentriere. Vielleicht will aber auch keiner mit mir laufen, könnte natürlich auch sein… 😉
Heute ist das aber anders, denn mein Wander-Kumpane Markus, welcher sich seit kurzem auch am Laufsport versucht, hat durchaus Bock auf eine solche Runde. Und so kommt es, dass ich zum ersten Mal in meiner Trainingsplan-Historie einen wundervollen Lauf mit ihm gemeinsam bestreite. Es wird nicht das einzige erste Mal in dieser Woche bleiben, und nicht alle ersten Male sind so toll wie das heutige, das schon mal vorab. Aber heute: traumhaft!

Die Strecke ist „selected by Markus“, quasi seine Haus-Runde. 12 Kilometer durch die Berliner Innenstadt harren unser. Selbige ist erstaunlich menschenfrei, was wohl vor allem daran liegen mag, dass nachher um 22 Uhr das Achtelfinale bei der Fußball-WM mit deutscher Beteiligung startet. Wir genießen diese phantastische Laufatmosphäre gemeinsam, ich aber noch im Besonderen, da ich ja in 99 Prozent der Fälle in ländlicher Umgebung laufe, so dass ein solcher Stadtlauf tatsächlich ganz neue Impressionen bietet.

Gut, das brauche ich nicht immer, ich mag das landschaftliche Ambiente außerhalb der Großstadt schon sehr, aber ab und zu mal ist es eine willkommene Abwechslung. Bei heiterem Wetter und knapp 20 Grad läuft es sich geradezu perfekt, und bei der gemütlichen Pace von 6:02 min/km ist man nicht nur mit sich selbst beschäftigt sondern hat auch Spaß an der Umgebung. Klasse!
Ab durch die Mitte (von Berlin):

Dienstag früh verkürzt sich mein Krafttraining staubedingt etwas, von den sonst übliche achtzig Minuten bleiben gerade mal knapp fünfzig. In Anbetracht des läuferischen Anspruches in dieser Woche ist das auch okay und ausreichend.

Der Mittwoch ist der Starttag für das erste Triple-Training meiner noch jungen Marathon-Karriere. Ich möchte da jetzt nicht falsch verstanden werden: ich meine keine Tippel-Training, wie ich es hier am Anfang beschrieben habe. Vielmehr handelt es sich hier tatsächlich um drei Lauf-Trainingstage in Folge. Das Trio für zwei Füße startet mit einem zügigen 12-Kilometer-Lauf. Ein schöner und zügiger so genannter GA2-Lauf, den ich im perfekten Wohlfühltempo ablaufe.

Einen Tag später, am Donnerstag geht´s mal ausnahmsweise nicht ins Fitnessstudio zum Bauch-Express, und auch mein geliebtes Studio-Fahrrad muss leider warten, stattdessen geht es ein weiteres Mal in die Berliner Innenstadt. Und ein weiteres Mal mit Markus, und auch das ist mein erstes Mal: zweimal in einer Woche Partnerlauf, das hat eine eigene Überschrift verdient!

Auch wenn heute deutlich mehr Menschen unterwegs sind – klar, Deutschland spielt nicht- ist´s wieder ein schönes Erlebnis. Abgesehen davon, dass es heute deutlich schwüler ist als Montag (ein Vorbote für morgen?) geht auch der heutige Lauf erfolgreich, optisch abwechslungsreich und lauftechnisch unspektakulär über die Bühne Straße weshalb keine Veranlassung besteht, hier mehr dazu zu schreiben.

Dies verhält sich, dummerweise, umgekehrt proportional zum Freitag.

Sommer. Gewöhnliche klimatische Bedingungen für einen anständigen 04. Juli. Ungewöhnliche klimatische Umstände für einen „Bis-Maximal-20-Grad-Fühle-Ich-Mich-Wohl-Läufer“. Aufgrund einer gewissen Vorhersehbarkeit der temperaturellen Entwicklung beschließe ich, meinen 10-Kilometer-Testwettkampf, den ich ganz für mich alleine laufe, vor dem Frühstück zu absolvieren. Bereits im Vorfeld habe ich mich mental und materiell auf diesen Umstand vorbereitet, indem ich mir eine Banane und ein Kohlenhydrate-Gel geholt habe. Dies soll sicherstellen, dass mir nicht mitten im Lauf das Benzin ausgeht.

05-07_Frühstück

Mmmmh! Astronautenfrühstück

Und so verspeise ich statt eines überaus reichhaltigen Frühstückes, dass möglicherweise bei der geplanten Anstrengung wieder Retoure gehen würde, eine halbe Banane und das Gel, dessen Einnahme übrigens ein weiteres erstes Mal in meiner Läuferkarriere markiert.
Nun, das hätte ich auch lassen können, denn dieser Wettkampf-Testlauf wird ein Fail. Was ist passiert?

Zunächst öffne ich die Haustür und trete an die frische Luft. Das „frische“ nehme ich sofort wieder zurück, denn bereits um 9 Uhr herrschen gänzlich unfrische 28 Grad. Im Schatten. In der Sonne, die ungefähr 90% der geplanten Strecke bescheint, sind es fast 250°C. Zumindest fühlt es sich so an. Der Gedanke an den Testlauf bereitet mir etwas Unbehagen.
Das Aufwärm-Training (Muhaha!), okay, besser: das Einlaufen gestaltet sich als moderat schweißtreibende Angelegenheit, anschließend noch einen Schluck Wasser und: dann „man tau!“

Mein Ziel sind 45 Minuten, das bedeutet einen vierdreißiger Minutenschnitt auf den Kilometer. Die ersten vier Kilometer klappt das auch ganz gut, abgesehen von der krassen Hitze ist alles soweit schön. Die Sonne scheppert. Zumindest sind meine Muskeln heute ordentlich warm.
Kilometer 5 stellt dann eine merkliche mentale Herausforderung dar, denn einige Körperteile melden deutliche Erschöpfungssignale. Macht nüscht, dafür ist das ja schließlich ein Test-WETTKAMPF und kein lockerer Trainingslauf. Da darf auch mal was zwicken und zwacken. Ein bißchen, zumindest. Das allerdings ändert sich bei Kilometer 6 schnell und vor allem deutlich: meine Beine wollen nicht mehr so richtig.
In der Tempo-Linie in der angefügten Trainings-Übersicht seht ihr das als ordentlichen Ausriß nach oben bei der Hälfte von Kilometer 6: ein böser Pace-Einbruch! Ein Kälteeinbruch wär´ mir lieber, aber das Läuferleben ist nun mal kein Ponnyhof.

Dennoch: ein letztes Mal leisten Körper und Geist einen Leistungsschub, dann ist Schluß. Nach Kilometer sechs gebe ich auf. Fast. Kopf, Bauch und Beine sind sich ausnahmsweise einig: es geht nicht mehr. Also beschließe ich für mich, ein letztes verbleibendes Ziel zu erreichen: irgendwie die 10 Kilometer voll zu machen, egal in welchem Tempo.
So werden die Kilometer 7, 8 und 9 ein lustiges Wechselspiel zwischen langsamem Gehen und kurzen Laufphasen, und allmählich spielen auch die Beine wieder mit. Deshalb entscheide ich mich probehalber, den letzten verbleibenden Kilometer noch einmal in der Zielgeschwindigkeit zu laufen.
Es ist eine Tortur, es tut weh, ich leide, ich schwitze, ich brenne. Zweimal gebe ich mental auf, einmal körperlich, und dann erfolgt die Erlösung in Form des 10-Kilometer-Piepsens meiner Laufuhr. Ich bin total fertig.

Ich gehe einen ganzen Kilometer einfach so vor mich hin während ich das Gefühl habe, meine Beine fallen ab. Und dann beschließen alle meine Schweißporen gleichzeitig, zu zeigen, was so in ihnen steckt. Jetzt weiß ich, woher das „ich schmelze dahin“ stammt. Wenn ich jetzt stehen bleibe, habe ich bestimmt eine Pfütze um die Füße.

05-07_Schwitzen

Gonna make me sweat!

Die Schwitz-Orgie hält noch fast eine Stunde an, das Duschen kurz nach heimischer Ankunft ist ebenso erfrischend wie sinnlos, ich schwitze einfach weiter. Bis 12 Uhr habe ich schon fast drei Liter Wasser getrunken, alle Achtung!
Ansonsten fühle ich mich aber durchaus gut und bin, trotz des „Versagens“ beim Testwettkampf absolut zufrieden, und das gleich aus zwei Gründen: zum Ersten weil ich nach 6 Kilometern auf die Signale gehört habe und keinen ungesunden Ehrgeiz entwickelt habe, zweitens weil ich die 10 Kilometer eben doch noch zu Ende gelaufen bin, egal wie.
Und, wie ich erstaunt feststelle, trotz der Gehpausen in einer Zeit von 50 Minuten! Mal sehen, wie´s beim nächsten Mal wird.

In der eigenen Analyse weiß ich natürlich nicht, warum das heute nix wurde. War´s die Hitze? Ist mir das Gel nicht bekommen? Steckt mir das Trainings-Triple in den Knochen? Ich werde es wohl nie erfahren. Dennoch: gut, diese Erfahrung einmal gemacht zu haben. Reicht aber auch erstmal. Hier das Ergebnis im Überblick:

Sonntag. 18 Uhr. 28 Grad. Immernoch. Und schwül. Der Plan sieht einen 10-Kilometer-GA1-Lauf vor. Irgendwie habe ich tatsächlich Lust darauf, also: raus! GA1-Lauf bedeutet normalerweise schön langsam, der Puls sollte im Durchschnitt irgendwo zwischen 70 und 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz herumdümpeln.
In meinem konkreten Fall sind das so ungefähr 135-140 Schläge pro Minute. Nach aktuellem Leistungsstand, im Laufe des (regelmäßigen) Trainings sinkt der Puls bei gleicher Laufgeschwindigkeit, liegt mein Puls in dieser Region bei einer Pace von 6:00 bis 6:15 min/km. Heute sieht das aber gänzlich anders aus.

Die Pace ist angenehm, der Lauf läuft ordentlich, ich schwitze leise vor mich hin. Im Normalfall gucke immer erst nach dem Lauf auf meine Herzfrequenz, ich laufe eher Pace-orientiert, so auch diesmal. Ich bekomme fast einen Herzinfarkt: 147-er Durchschnittspuls, hoi! So hoch war der ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr!
Ich glaube doch, die Hitze macht mir und meinem armen Kreislauf ein wenig zu schaffen. Sonst ist es wirklich ein toller Lauf, keine Schmerzen, alles schnieke. Naja, an das Wetter gewöhne ich mich auch noch. Irgendwann…

Marathon-TP_Ext_W-02

Soll…

Zeit für die Wochenbilanz:
Fünf Lauftrainings in sieben Tagen, das ist verdammt nah am Streak-Running! (Keine Angst, lieber Lutz Balschuweit, ich mach´ dir keine Konkurrenz, du bist mir gute 900 Tage voraus…;-))

Knappe 60 Kilometer stehen auf der Habenseite der Marathon-Vorbereitung, wertvoller als diese sind nur noch die überaus breit gefächerten Erfahrungen dieser knackigen Trainingswoche: genußvolle Partnerläufe in der ersten Wochenhälfte, Hitzeschlachten und ein erstes Opfer in der zweiten. Alles in allem: ein reichhaltiges Training! Ich hätte allerdings nix gegen ein wenig Abkühlung…

M-Training_W-02

…und Haben!

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