Ihr lieben eifrigen Trainingsplanerstellerinnen und Trainingsplanersteller dieser Welt, ihr macht es uns Freizeitsportlern nicht leicht.
Klar, durch euch bekommen wir eine super Möglichkeit, ein bißchen Systematik ins verworrene Läuferleben zu bringen. Brav folgen wir euren Vorschlägen und hoffen inständig, beim nächsten Wettkampf nicht die Hufe hochzureißen.
Dabei birgt das Befolgen eines Planes ein völlig unlösbares (nach jetzigen physikalischem Wissenstand zumindest) und ein möglich lösbares Problem.
Das Unlösbare ist der Blick in die Zukunft: was bringt mir der Plan jetzt wirklich? Das weiß wirklich niemand, bis zum besagten Tag, auf den man sich eben vorbereitet hat. Versagensängste inklusive, natürlich.
Wesentlich leichter lösbar ist dagegen die Frage: wie darf ich mich fühlen?
Okay, die Fragestellung an sich klingt ein wenig bescheuert, ich meine damit im Grunde nur: wenn ich mich nach meinem ersten 8-Kilometer-Lauf im geplanten Marathon-Renntempo mal so richtig scheiße fühle, ist das okay oder heißt das, ich liege etwas neben dem Plan?
Eine Antwort auf diese Frage wäre echt hilfreich.
Steht aber in keinem Plan, zumindest in keinem, den ich kenne. Kann natürlich gewollt sein, damit der Proband ein gewisses Maß an Kohle in einen Personal Trainer investiert. Gut, auch der ist kein Erfolgsgarant, aber kann (im besten Falle) Unsicherheiten minimieren.
Ich habe beschlossen auf einen solchen zu verzichten und habe somit weiterhin keine Ahnung, wie Scheiße ich mich fühlen darf ohne zu versagen.
Ihr dürft an diesem Live-Experiment teilhaben, und auch wenn euch das Wissen nur bedingt nützt – vielleicht war´s wenigstens unterhaltsam! 😉
Auf geht es in die erste Tapering-Woche in diesem Trainings-Zyklus, deren Aufgabe in erster Linie ist, die Kilometerleistung etwas zu reduzieren.
Sinn des Ganzen: den Körper nicht zu sehr zu überfordern.
Dafür legen wir eine Tempo-Schippe obendrauf und lassen es in dieser Hinsicht mal so richtig scheppern! So werden auch mal andere Muskeln aktiviert und wir lernen Tempohärte.
Ach, und wo wir gerade bei Plänen sind: schon erwartet uns die erste Modifikation.
In Reaktion auf meinen Trainingsplan für den Hamburg-Marathon bekam ich in der weltbesten Läufer-Community von Max Bisanz den interessanten Hinweis, die 1.000-er Intervalle durch etwas längere Versionen zum Training der Rennhärte zu ersetzten.
Na, da hör´ ich als (weitgehend) unerfahrener Marathoni gern ´drauf und mache aus den für Montag geplanten 7 x 1.000m-Intervallen kurzerhand 4 x 2.000m.
Die äußeren Bedingungen sind geradezu perfekt, bei angenehmen 3 Grad und trockener Witterung (was dieser Tage ja echt was heißen will!) geht es nach guten 2 Aufwärmkilometern mal direkt zur Sache.
Bei Intervallen plane ich immer eine ungefähre Zielpace, und mit dem Intervall-App für meine Ambit3 lässt sich auch ein „schneller!“ oder „langsamer!“-Alarm in Piepsform programmieren.
Das heutige Ziel liegt zwischen 4:30 und 4:40 min/km.
Grundsätzlich bin ich ja jemand, der immer etwas schneller sein möchte als die Tempovorgaben. Super, werdet ihr jetzt denken, dann nimm dir doch mal 4:20 vor, dann biste noch schneller!
Das mag im Kern zwar stimmen, aber mein Körper wird da wahrscheinlich nicht mitspielen.
Das ist auch schon heute ein gutes Stück Arbeit, denn auch eine Vierdreißig will erstmal gelaufen werden.
Huii, ist das anstrengend! Na, das darf es aber auch sein, dafür sind ja Intervalle schließlich da. Und da ich ja immer ein wenig schneller als geplant unterwegs bin laufe ich heute, quasi versehentlich, die schnellsten 2.000-er Intervalle aller Zeiten.
Das stelle ich allerdings erst ganz am Ende der Woche fest, als ich so neugierig meine bisherigen Intervall-Tempi durchforste.
Nun, es wird nicht die letzte Bestzeit in dieser Woche bleiben…
Der Dienstag wird, wie meistens, kraftsportlich erfüllt, und…
…am Mittwoch wartet ein Lauf auf mich, der bereits als Anfangs-Abschnitts-Thema herhalten durfte.
Popelige 8 Kilometer im, rein fiktiven, Marathon-Renntempo von 4:58 min/km stehen im Plan. Meine neuen Laufschuhe, die ich euch in der letzten Woche vorgestellt habe, dürfen heute mal zeigen, ob sie auch für schnellere Laufvarianten taugen.
Nun ja, das Ergebnis ist zwar, wieder einmal, schneller als geplant (was ich jetzt aber nicht auf die Schuhe schieben möchte, die sind wirklich eher für die etwas längeren und langsameren Läufe geeignet…), aber schon bei Kilometer 7 oder so fühle ich mich ziemlich scheiße. (Für alle Verbal-Puristen: Das ist das letzte Mal, dass ich diesen Kraftausdruck gebrauche. Er soll hier nur stilistisch den Bogen zum Anfang des Artikels schlagen ;-))
Und danach erst!
Ja, da stellt sich mir schon die eingangs formulierte Frage nach der Sinnhaftigkeit des Trainings, denn ich kann mir beim allerbesten Willen überhaupt nicht vorstellen, dieses Tempo über die mehr als 5-mal so lange Strecke zu halten.
Und keiner kann mir sagen, ob dieses Gefühl so sein darf oder ob ich mir jetzt schon vorstellen können müsste, so fix einen Marathon zu laufen.
Wenn ihr versteht, was ich meine.
Vermutlich ist das, mal wieder, eine Frage der Wahrnehmung. Oder die Schuhe sind Schuld… 😉
Donnerstag heißt es wieder „Bauch-Express“ mit Tolga, im Anschluss bleibe ich weiter meiner Kraft-Linie treu und vernachlässige auch heute wieder die alternative Ausdauer-Sportart.
Mit einer Wahrnehmung beginne ich übrigens auch meinen Freitag, nämlich mit der, dass ich heute irgendwie richtig gut drauf bin.
Das liegt vielleicht auch an dem wirklich schönen Wetter, dass draußen herrscht. Kein Wind, Sonne, 3 Grad – perfektes Wettkampf-Wetter!
Da trifft es sich ja zufällig gut, dass heute Wettkampf-Test Nummero zwei auf dem Plan steht.
Wie bereits vor 2 Wochen laufe ich diesen mangels öffentlichen Angebotes ganz für mich alleine.
Mein definitives Ziel: schneller als beim letzten Mal. 4:44 min/km gilt es zu unterbieten.
Bereits vor dem Start stelle ich mir die Frage: bin ich mental so übermotiviert weil mein Körper voll fit ist oder sorgt mein Gut-Drauf-Sein für diese fühlbare Energie?
Eigentlich Wurscht, Hauptsache es ist so, wie es ist. Einlaufen, kurz durchatmen, und dann: Ab die Post!
Auf dem ersten Kilometer lasse ich es mal so richtig fliegen. Die Belohnung: tolles Tempo auf dem ersten tausend Metern. Die Strafe: das ungute Gefühl, dieses Tempo auf keinen Fall bis zum Ende durchziehen zu können.
Ab diesem Zeitpunkt findet ein höchst eindrucksvoller Zweikampf zwischen Körper und Geist statt.
Während der eine (Körper) offensichtlich ein paar stille Reserven aktiviert wird der andere (Kopf) zunehmend skeptischer, ob die anfängliche „Tschacka!“-Euphorie auch wirklich angemessen war.
In der zweiten Rennhälfte ändert sich dann ganz spontan diese Auseinandersetzung. Jetzt merkt nämlich langsam auch der Körper, dass er an seine Grenzen stößt.
Bei Kilometer 7 knicke ich an der Wegkante leicht um, und auf einmal ist der Flow weg. Von einer Sekunde auf die nächste, als wäre ein Schalter umgelegt worden. Einfach nur wegen eines winzigen Aus-dem-Rhythmus-Kommens.
Alle möglichen Leistungs-Zweifel in meinem Kopf sind blitzartig da, und ich spüre das ganze Maß der Anstrengung.
Das führt zu einem kurzzeitigen Totalverlust des läuferischen Selbstbewusstseins, was man übrigens auch gut an der 7-Kilometer-Zeit von 4:31 Minuten erkennen kann.
Danach wird´s echt fies.
Ich rette Kilometer 8 so einigermaßen, und danach rettet mich der Gedanke daran, dass es „nur noch“ 2 Kilometer sind.
Es sind zwei verdammt lange Kilometer.
Aber, und das ist die gute Nachricht, auch 2 verdammt schnelle Kilometer! Naja, zumindest der letzte.
Am Ende reicht es tatsächlich für eine neue Bestzeit, die schnellsten jemals von mir gelaufenen 10 Kilometer (inklusive aller wirklichen Wettkämpfe!), und das in einem Solo-Lauf.
Ich fühle mich, abgesehen von der aus dem Hals hängenden Lunge und Beinen wie Betonpfeilern, extrem gut.
Und das, liebe Leserinnen und Leser, das ist dann neben der Wahrnehmung die Realität! 🙂
Am Samstag habe ich doch tatsächlich Muskelkater auf meiner Oberschenkelvorderseite.
Habt ihr eigentlich eine Ahnung, was das bedeutet?!?
Zumindest regelmäßige Hobbyläufer wissen: ein anständiger Muskelkater zeigt sich im Grunde nur nach „echten“ Wettkämpfen. So ist das auch bei mir.
Ja, und das gestern war zwar kein Lauf unter echten Wettkampf-Bedingungen, aber der Muskelkater zeigt mir höchst eindrucksvoll, dass ich ordentlich Gas gegeben habe!
Nicht, dass ich diesen Beweis gebraucht hätte – eine schöne „Bestätigung“ ist es trotzdem. Ich freue mich immer über Muskelkater, er gibt mir das gute Gefühl, etwas für mich getan zu haben. Und ich habe mir den heutigen Sport-Ruhetag ehrlich verdient.
Der Vollständigkeit halber möchte ich natürlich noch meinen niedlichen 8-Kilometer-Lauf in gemessenem GA1(=sehr ruhig)-Tempo am Sonntag erwähnen. Er hat es verdient. Schließlich war er sehr hilfreich, tempomäßig mal ein bißchen ´runterzukommen…
Weniger Kilometer, mehr Tempo. Exakter: etwas weniger Kilometer, deutlichst mehr Tempo, das ist die Wochenbilanz.
Wenn ich jemals Zweifel an meiner Kondition hatte, dann dürften sich diese jetzt endlich verabschieden.
Und wenn meine Grundlagenausdauer bei den kommenden laaangen Läufen sich ähnlich entwickelt wie meine Pace-Fertigkeit, dann vergesse ich beim Marathon im Ziel glattweg das Anhalten. 😉
Na, wir wollen mal nicht übertreiben. Noch befinde ich mich im ersten Trainingsdrittel. Das dicke Ende kommt erst noch. Trotzdem: diese Woche war wirklich schnaffte!