Viermal Vier. Oder: Woche 8

Ja, liebe Sportfreundinnen und Sportfreunde, mit Elfkommazweisechsfünf-Kilometer-Stiefeln nähern wir uns einem nächsten läuferischen Höhepunkt in meiner Freizeit-Athleten-Karriere, und heute in zwei Wochen bin ich schon um weitere einundzwanzigkommaeins Wettkampferfahrungskilometer reicher. Ein nächster Schritt Richtung Marathon-Ambition.
Vorher gibt´s aber noch ein paar Trainingseinheiten inklusive einem echten (Test-)Wettkampf, diese Woche allerdings war, zumindest kilometertechnisch, eine planmäßig durchgeführte Gammelwoche:

Training_Mrz_2014_KW11
Im sportlichen Fachjargon nennt man eine solchen reduzierten Trainingsumfang auch „Tapering“, was soviel heißt wie: So, lieber Körper, nach all der fiesen Trainingsanstrengung der letzten Wochen darfst du dich im Hinblick auf die noch zu erwartenden Schikanen mal ein wenig besinnen. Das gilt allerdings nur für die reine Kilometerleistung. Tempotechnisch sieht die Welt schon ganz anders aus, und die erste zu erwartende Schikane wartet direkt am Wochen-Ende der Ausruhperiode mit einem echten 10-Kilometer-Wettkampf, dem allseits beliebten „Lauf der Sympathie„!

Um meinen Körper und meinen Geist ein wenig auf das bevorstehende Tempofest einzustimmen beginnen wir die Woche am Montag mit einem feinen Intervall-Training. Das bringt Laufgeschwindigkeit.

Konkret heißt dies: 1-2-3-2-1-Kilometer mit jeweils 3 Minuten Entspannungstempo dazwischen. Nach der ersten Hälfte des Intervalltrainings und dem damit einhergehenden Bewußtsein, dass ich mit der 4:34-er Pace noch hinter dem geplanten Wettkampftempo von 4:30 liege wird mir ganz schlecht. Das war mit diesen viervierunddreißig schon echt fies! Vier Sekunden muss ich noch finden, wenn ich mein angestrebtes Ziel von 45 Minuten am Sonntag erreichen möchte.
Okay, jetzt heißt es: zusammenreißen, und in der zweiten Trainingshälfte die Zielpace mal erproben — siehe da, es geht! Der letzte Kilometer schlägt sogar mit verblüffenden 4:15 zu Protokolle, aber danach bin ich auch komplett im A…bseits. Nun, so ganz kann ich mir die 45 Minuten Zielzeit für den Sonntag noch nicht vorstellen, aber das kommt vielleicht noch…

Dienstag ist wieder Kraftspaß im Fitnessstudio angesagt, Donnerstag gibt es erst 20 Minuten Bauchexpress und anschließend ein schönes Stündchen auf´m Fitness-Fahrrad.

Zur allgemeinen Entspannung und auch, um wenigstens ein paar Kilometer auf die (Lauf-)Statistik zu kriegen schlägt mein Plan am Freitag entspannte 12 Kilometer, ruhig gelaufen, vor. Ich genieße die hauchzart wärmende Frühlingssonne und freue mich schon auf Sonntag.

Und dann ist es endlich soweit: nach zwei überaus erfolgreichen Spaß-Solo-Wettkämpfen, welche hier und hier dokumentiert sind, wird es heute ernst. Zehn Kilometer, von Falkensee nach Berlin-Spandau. Eine Einwegstrecke, Richtung Osten. Hier ist mein Bericht:

LdS-2014-02

Danach. Woher auch immer die Kraft zum Lächeln kommt…

Sonntag. Früh. Aufstehen. Definitiv KEIN Müsli zum Frühstück!!!! Ich lerne dazu, lebhaft schwebt mir noch das hier vor den Augen. Zwei Toastscheiben mit Nutella sind genau richtig.
Draußen erwartet mich eine eher herbstlich zu nennende Atmo: ein rauher Wind, abwechslungsreich begleitet von dem einen oder anderen Nieselregen, da jubelt das Läuferherz. Und zwar ganz ehrlich, denn zum einen herrschen überaus angenehme (solange man sich bewegt…) 10 Grad, und – das Wichtigste – der Wind kommt von hinten! Mit Rückenwind (zumindest größtenteils) im Gepäck geht´s auf die wohlbekannte Strecke, bereits zum dritten Mal in Folge genieße ich die gute Organisation am Start und die schöne volkslauftypische Stimmung. Im Hinterkopf natürlich immer die vierdreißig-Pace für meine ambitionierte Zielzeit.

Am Start komme ich gut weg, wie das so typisch ist braucht´s ein paar hundert Meter, um erstmal in die richtige Geschwindigkeit zu finden. Das Hundertmeter-Schleichen nach dem Start kompensiere ich mit einem dreihundert-Meter-Flug im etwas überhöhten Tempo, doch nach einem knappen ersten Kilometer pendelt sich die Laufgeschwindigkeit ein.
Und so bleibt es auch die nächsten sechs Kilometer, zu meinem eigenen Erstaunen gelingt es mir, die Pace bei ungefähr vier Minuten dreißig auf den Kilometer zu halten. Das ist der Wettkampf-Effekt, da geht sowas immer. Irgendwie.
Dieses „Irgendwie“ holt mich bei Kilometer Sieben ein und zieht fies lächelnd an mir vorbei. Na, wird´s langsam eine Herausforderung?-fragt es mich. Aber ja! Bis zum Kilometer Acht halte ich mit ein wenig zitternden Beinen meine Zielgeschwindigkeit, auch wenn mich das latente Gefühl beschleicht, auf GAR KEINEN FALL diese unglaubliche Pace noch zwei weitere Kilometer durchzuhalten. Ich weiß, zwei Kilometer klingt wenig, aber es kann unglaublich viel sein, wenn einem die Beinmuskeln am liebsten den Dienst quittieren würden und der Körper einfach nur Ruhe möchte.

Wenigstens bleibt mir die Übelkeit erspart, aber dafür habe ich das Gefühl, dass mir gleich meine Beine wegknicken. Hallo?!? Dafür haben wir trainiert! Also, auch dafür. Eigentlich ja für den Halbmarathon… Schnauze, heute sind zehn Kilometer zu schaffen. Und Zwar In Fünf-Und-Vierzig Minuten!!!

Der achte Kilometer bringt dann einen merklichen Geschwindigkeitsverlust, der zwar noch im Rahmen liegt mir aber dennoch das etwas mulmige Gefühl vermittelt, dass mein Körper echt nicht mehr schneller kann. Trotzdem ich mich echt bemühe, etwas schneller zu laufen, zeigt mir die böse Uhr immer eine langsamere Geschwindigkeit an. Dieser Trend setzt sich dummerweise auch noch in Kilometer Neun fort. Vierfünfunddreißiger Geschwindigkeit, der Gesamtschnitt liegt schon bei Viereinunddreißig, wie soll ich das wieder rausholen?!? Mensch, nur noch ein verdammter, simpler Kilometer, das muss irgendwie gehen.

Ab jetzt kein Blick mehr auf die Laufuhr. Jetzt gilts. Meine Beinmuskeln schreien, ich ignoriere sie. Ihr dürft euch nachher ausruhen, versprochen. Jetzt ist erstmal kämpfen angesagt. Dieser letzte Kilometer zieht sich nahezu endlos hin. Wahrscheinlich sind´s in Wirklichkeit fünf Kilometer. Die müssen sich vermessen haben. Irgendwann muss doch dieses Ziel endlich mal zu sehen sein!!! Ich registriere nix mehr außer mich selbst und ziehe tatsächlich noch ein paar Meter lang das Tempo an.
Gleich ist Schluss mit aufrechter Bewegung, das spüre ich.
Die Ziellinie!
Da ist sie!!
Endlich!!!

LdS-2014-01

Stolz wie Bolle!

Mit meinen letzten Körnern überquere ich die heiß ersehnte Linie und denke tatsächlich sogar daran, meine Laufuhr zu stoppen. Na, wenn DAS noch geht dann hätte ich ja auch locker noch einen Kilometer dranhängen können!
Auf gar keinen Fall.
Schluss, Aus, Vorbei.
Meine Uhr zeigt 44:48 an. Waaaas? Wie habe ich DAS denn geschafft? Den letzten Kilometer in einer viersechzehner Pace???? Keine Ahnung, welche stillen Reserven ich da angezapft habe. Muss wohl irgendwas Mentales gewesen sein, anders kann ich mir das nicht erklären.
Das finale Lächeln beginnt in meinem Gesicht und schwemmt wie eine Welle über meinen ganzen Körper bis in die Zehenspitzen. Das, liebe Freunde, ist des Läufers pures Glücksgefühl. Völlig außer Atem laufe ich noch ein paar Schritte und genieße die sensationelle Zielzeit.

Bleibt noch zu ergänzen: offiziell gemessene Netto-Zielzeit: 44:44. Kein Scheiß. Und es geht noch weiter: siehe Platzierung in der Altersklasse. Was ist wohl die Glückszahl dieses Sonntags? 😉 Da passt ja die Marathon-Distanz gut ins Zahlen-Schema…

LdS-2014-Urkunde

So sieht´s aus. Cool, wa?!?

runalyze.de10,0 km Wettkampf am 16.03.2014

44:474:29/km171bpm38 hm

http://user.runalyze.de/shared/6ffk

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